Persönlicher Rückblick aufs Wochenende

Artikel vom 18. August 2025

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    Einen klassischen Spielbericht schenken wir uns, das Spiel dürfte sowieso jeder gesehen habe, der es irgendwie mit der Eintracht hält. Und die Spielgeschichte ist an sich ja auch schnell erzählt.

    DFB-Pokal. Regionalliga Nord gegen Bundesliga, Eintracht Norderstedt gegen FC St. Pauli. David gegen Goliath. Wie erwartet drückt St. Pauli von Beginn an das Gaspedal durch, lässt Ball und Gegner laufen, wir sind nur mit verteidigen beschäftigt. Aber wie. Es gab viele Dinge, die mich am Wochenende beeindruckt haben. Eins davon: Dass sich unsere Jungs von der Kulisse eben nicht haben beeindrucken lassen, sondern eher beflügelt wurden.

    Was Jungs wie Nick Gutmann oder Yevhenii Obushnyi da gleich am Anfang für Bälle gewonnen haben. Wie sich unsere Dreier-Verteidigung mit Moritz Frahm, Fabian Grau und Malik Yago in jeden Ball geworfen und sich immer wieder gegenseitig gepusht hat. Wie um jeden Zentimeter auf dem Platz gekämpft wurde. Da standen einfach bei uns zu jeder Zeit elf Mentalitätsmonster auf dem Platz. Ach ja, und unser Torhüter Lars Huxsohl… geht gerade im Internet mächtig viral. Dabei hat er eigentlich nur das gemacht, was er immer macht, nur diesmal eben vor einem größeren Publikum.

    Statistiken weichen ja immer etwas voneinander ab, zur Halbzeit sollen es 20:0 Torschüsse gewesen sein, am Ende 41:9. 50 Torschüsse in einem Spiel, wenn auch über 120 Minuten. Wahnsinn. Generell Statistiken: St. Pauli 78% Ballbesitz, 24:3 Ecken, 89% angekommene Pässe. Stark.

    Aber: Nur 29% angekommene Flanken, dafür 62% von uns gewonnene Luftzweikämpfe, insgesamt 54% gewonnene Zweikämpfe der Norderstedter Helden. Gegen einen Bundesligisten. Irre. Was für einen Defensivleistung.

    Was mich dann noch mehr beeindruckt hat: Ehrlicherweise war ich mir sicher, dass St. Pauli dann in der Verlängerung das Ding klar macht, weil die Profis dann eben doch mehr Kräfte mobilisieren können als die Norderstedter Feierabend-Fußballer. Aber was war denn in der Verlängerung plötzlich los? St. Pauli fiel nicht mehr viel ein und dann hatten wir hinten raus sogar noch durch Falk Gross und Ezra Ampofo noch die Chancen auf den Sieg. Was das Spiel natürlich komplett auf den Kopf gestellt hätte. Aber das ist eben das, was den DFB-Pokal so geil macht, wie ja auch St. Pauli-Präsident Oke Göttlich vor dem Spiel sagte. Oke Göttlich ist eh ein Ehrenmann, meinte direkt nach dem Schlusspfiff zu unserem Eintracht-Orga-Team, das man uns das Stadion auch für die zweite Runde zur Verfügung gestellt hätte, wenn wir hier gewonnen hätten. Tja, das war eigentlich vor dem Spiel unsere größte Sorge. Hätten wir das vorher gewusst, hätten wir unsere Jungs nicht ausbremsen müssen. 😉

    Elfmeterschießen ist dann Elfmeterschießen. Wenn du diese lange Strecke von der Mittelinie zum Elfmeterpunkt gehst und das vor 30.000 Zuschauern… das macht was mit dir, insbesondere wenn du es ja nicht mal kennst, vor so einer Zuschauermenge zu spielen. Natürlich ist es brutal ärgerlich, dass du so knapp rausgeflogen bist – insbesondere, wenn man bedenkt, dass der Wembley-mäßige Elfmeter von Manuel Brendel nur dank der eingesetzten Torlinientechnik aufgeklärt werden konnte und es nur diese drei bis vier Zentimeter waren, die uns möglicherweise von der 2. Runde getrennt haben. Wahnsinn.

    Jetzt habe ich doch mehr zum Spiel geschrieben, als ich wollte. Was mir eigentlich unter den Nägeln brennt: Jeder im Stadion war voll in der Partie drin. Egal ob Norderstedter oder St. Paulianer. Selbst Zuschauer, die eher neutral sind, waren in diesem Spiel gefangen, keinen hat das kalt gelassen. Das war doch genau das, was den DFB-Pokal ausmacht, warum wir alle den Fußball lieben.

    Klein gegen Groß. Spiel auf ein Tor. 11 Mentalitätsmonster, die um jeden Ball kämpfen. Die Profis schießen den Torhüter des Amateur-Vereins berühmt, kriegen aber einfach die Kugel nicht über die Linie.

    Auch wenn es am Ende vier gelbe Karten gab, war es unterm Strich eine superfaire Partie, das erste Foul habe ich bewusst erst nach 15 Minuten wahrgenommen. Es gab keine Theatralik, kein Gemecker, keine großen Diskussionen mit dem Schiedsrichter, es war spannend, es war bisweilen dramatisch. Es war einfach nur Fußball.

    Nachdem Spiel hatte jeder von uns noch Begegnungen mit St. Pauli-Fans und alle waren ausnahmslos positiv (zumindest habe ich nicht eine negative Stimme gehört), es waren auch nicht wenige dabei, die es unseren Jungs gegönnt hätten. Ich selbst hatte in der Bahn noch einige Zeit mit drei sehr netten „Gäste“-Fans gesprochen (viele Grüße an Euch!), die von einer Sache beeindruckt waren, die mir im Stadion gar nicht aufgefallen war. „Normalerweise liegen die Spieler von den Amateur-Vereinen am Ende viel rum, haben ab der 80. Minute Krämpfe. Das war bei euch gar nicht der Fall. Keine Krämpfe, kein Zeitspiel.“ Stimmt. Erstaunlich, denn St. Pauli hat ja ordentlich Tempo drin gehabt… keine Ahnung was Florian Rammer da im Training mit unseren Jungs macht. Respekt!

    Dazu rund 4.500 Norderstedter, Choreo, Fahnen, lautstarker Support, auch wenn man es natürlich schwer hatte, sich gegen die St. Paulianische Übermacht stimmlich durchzusetzen. Das war schon geil.

    Ganz allgemein war es trotz des für uns unglücklichen Endes einfach ein grandioses Erlebnis. Der FC St. Pauli war ein grandioser Gastgeber (des Stadions), von den lieben Menschen am Empfang bis zum Präsidium jede/r einzelne immer freundlich und hilfsbereit, selbst wenige Stunden vor dem Spiel kamen von den St. Pauli-Offiziellen noch Ideen aus der Kategorie „das steht euch übrigens auch zu, ist ja euer Heimspiel“. Das wir nicht alles angenommen haben nur „weil es uns zusteht“, ist natürlich auch klar. Das ging alles Hand in Hand.

    Auch wenn ich fußballerisch eher von der anderen Seite der A7 komme, habe ich den FC St. Pauli auf Grund der wahnsinnig netten Menschen um die U23 herum in den letzten Jahren extrem schätzen gelernt. Das wurde nun nochmal übertroffen, zu jeder Zeit hat man auf allen Ebenen wie gute Freunde zusammengearbeitet, wir konnten von den eingespielten Heimspiel-Prozessen des Bundesligisten profitieren. Trotzdem war der Aufwand war für uns als sehr kleines Team immens. Aber wenn man dann am Ende noch Nachrichten vom FC St. Pauli oder auch von Sky bekommt, in denen sich ausnahmslos positiv über uns geäußert und sich für die tolle Zusammenarbeit und den tollen Auftritt bedankt wird und man dann noch so ein Spiel bekommt, war es einfach jeden Aufwand wert.

    Und als dann Lars Huxsohl zum Man Of The Match gekürt wurde, an der Gegengerade vorbeilief und mit Standing Ovations gefeiert wurde und wenig später unsere gesamte Mannschaft auf ihrer Runde durchs Stadion von der Gegengerade und der Südtribüne lautstark beklatscht wurde… ey, mal ehrlich… wie geil kann Fußball sein?

    Danke DFB-Pokal. Danke Millerntor. Danke FC St. Pauli.