Erster Sieg in Flensburg: Klassenerhalt perfekt!

Schiedsrichter: Daniel PiotrowskiLinienrichter: Bastian Grimmelmann, Sören Thalau
Zuschauer: 1.728
Spielbericht vom 19. Mai 2024
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Der Samstagnachmittag zeigte in Flensburg die gesamte Brutalität des Fußballs. Fassungslose Gesichter auf der einen, grenzenloser Jubel auf der anderen Seite.
Zehn Jahre lang konnten wir nicht einmal beim SC Weiche Flensburg 08 gewinnen. Ausgerechnet im wichtigsten aller Spieler, im elften Versuch, konnten wir diesen Fluch brechen und vor 1.728 Zuschauern mit einem 2:0-Auswärtserfolg die Klasse sichern.
„Es war ein perfekter Tag und genau der Abschied, den ich mir gewünscht habe“, sagte Jonas Behounek. Denn: „Bei einer Relegation wäre ich nicht mehr dabei gewesen.“ Er wird Mitte Juni seine langjährige Lebensgefährtin heiraten und danach gemeinsam mit ihr für „mindestens sieben Monate. Ein Rückflug Ticket haben wir noch nicht“ nach Australien gehen.
„Ich will das gar nicht so lange machen“, fasste sich unser Trainer Jean-Pierre Richter auf der Pressekonferenz nach dem Spiel, dem ähnlich wie sehr vielen bei uns der bevorstehende Abstieg des langjährigen Rivalen von der Förde nahe ging, kurz. „Jetzt gilt es, Hannover 96 II die Daumen zu drücken.“ Denn nur bei einem Drittliga-Aufstieg des Nord-Meisters könnte Weiche über den Umweg Relegation noch in der Liga bleiben.
„Wir haben uns für dieses Spiel eine Ausgangslage erschaffen, wo wir alle glücklich und stolz waren, dass wir das noch hinbekommen haben. Wir konnten heute alles gewinnen, aber auch alles verlieren. Und wir haben heute alles verloren“, erklärte der niedergeschlagene Weiche-Trainer Torsten Fröhling. „Wir haben überhaupt nicht mutig gespielt, hatten regelrecht Angst, was in gewissen Sachen sicherlich verständlich, aber auch unverständlich ist. Denn Norderstedt hatte auch Druck und die haben viel mutiger gespielt. Es war zu wenig Fight und Kampf dabei für ein solches Spiel.“
Daher passierte im ersten Durchgang vor den Toren auch relativ wenig, die Partie spielte sich zwischen den Strafräumen ab mit Ballvorteilen für unsere Mannschaft. 26 Minuten dauerte es, bis es vorm Tor das erste Mal gefährlich wurde. Marten Schmidt ging jedoch zu rustikal in Arne Exner hinein, so dass der Schiedsrichter Offensivfoul pfiff.
Auf der anderen Seite spielte Marc Bölter einen langen Diagonalball auf Jonas Behounek, den Finn Wirlmann per Kopf zur Ecke klärte (33.). Die kam gefährlich auf den kurzen Pfosten, doch erneut konnte Flensburg klären (34.). Sekunden vor der Pause hatte Manuel Brendel zwei gute Einschussmöglichkeiten, der Flensburger Defensivverbund stand jedoch (45./45.+2).
Im zweiten Durchgang wurde die Partie dann deutlich intensiver, bisweilen hitziger. Eric Gueye kam im Flensburger Strafraum zu Fall, wollte Elfmeter haben – der Schiedsrichter entschied, das Spiel weiterlaufen zu lassen (51.). Eine knappe Viertelstunde später gab es dann doch Elfmeter. „Es war symptomatisch für unsere ganze Saison, dass wir aus dem Nichts, aus eigenem Ballbesitz, wo wir eigentlich den Ball noch abspielen können, bestraft werden“, beschrieb der Weiche-Coach die Situation, die zum Elfmeter führte. Manuel Brendel bedrängte Finn Wirlmann im Sechzehner der Gastgeber, der fiel und begrub umgehend den Ball unter sich. Der Schiedsrichter hatte jedoch kein Foulspiel Brendels erkannt, sondern entschied auf absichtliches Handspiel von Wirlmann – Elfmeter und Rote Karte (65.). In „guter“ alter Tradition konnten wir daraus jedoch kein Kapital schlagen: Brendel scheiterte mit dem Elfmeter an Jesper Heim (66.).
Durch die Flensburger und ihren Anhang ging ein lauter Ruck, sie witterten Morgenluft und entwickelten eine „Jetzt-Erst-Recht-Einstellung“, die uns kurze Zeit etwas in Bedrängung brachte. „Es war ein sehr emotionales Spiel, gerade Mitte der zweiten Halbzeit, wo man gemerkt hat, dass es für beide Seiten um sehr, sehr viel geht.
Allerdings: „Wir haben am Ende mit viel Kampf, viel Leidenschaft und Herz defensiv alles wegverteidigt“, freute sich Richter über die stabile Abwehrleistung. Und darüber, dass wir „heute auch das nötige Spielglück hatten, das uns gegen Meppen gefehlt hat.“ Und das richtige Näschen bei der Einwechselung des „goldenen Jungen“ Nick Selutin.
Einen Befreiungsschlag von Marc Bölter konnte Manuel Brendel gut verarbeiten und leitete an Florian Meier weiter, der die Lücke für „Selu“ fand. Der hatte plötzlich auf der rechten Außenbahn viel Platz, zündete den Turbo und knallte die Kugel aus halbrechter Position an den Innenpfosten und von dort in die Maschen. Im Vollsprint zog es ihn Richtung Gästeblock, wo er am Zaun mit den etwa achtzig Zuschauern – darunter die Mannschaft des SC Schwarzenbek, die durch unseren Klassenerhalt nun in die Landesliga aufsteigen kann - feierte und von seinen Mannschaftskollegen fast erdrückt wurde. Der Gästeblock, der die Mannschaft das gesamte Spiel über optisch wie stimmlich stark unterstützte, wurde zum Tollhaus. Der direkte Klassenerhalt war zum Greifen nah.
Kurz vor Schluss wurde es noch einmal hektisch. Ersin Zehir legte Jannic Ehlers unsanft, der sofort aufsprang und Zehir mit Anlauf umcheckte. Der Schiedsrichter beließ es bei gelben Karten für beide Spieler, womit der Flensburger gut bedient war (88.).
Weiche warf nun alles nach vorne und hatte in der dritten Minute der Nachspielzeit die große Chance auf den Ausgleich. Nach einem Eckball stieg ein Flensburger am langen Pfosten hoch, irgendwie bekam Arne Exner jedoch noch die Hand an den Ball – eine Riesenparade, die uns den Sieg sichern sollte.
Der Schlussakkord war erneut Nick Selutin vorbehalten. In der achten Minute der Nachspielzeit – es gab einige Unterbrechungen auf Grund der bisweilen aufkommenden Hektik – fing Andre Wallenborn eine Hereingabe von Jannic Ehlers ab und sah auf dem linken Flügel den kurz zuvor eingewechselten Youngster Jack James starten. Der ließ Tobias Fölster stehen und hatte nur noch Torhüter Heim vor sich. Anstatt selbst abzuschließen, bewies James viel Übersicht, hatte das Auge für den mitgelaufenen Selutin, der den Ball aus kurzer Distanz nur noch über die Linie drücken musste. „Dafür haben wir ihn mit reingenommen, dafür sollte er ins Spiel kommen, um diese Umschaltmomente zu kriegen. Umso schöner, dass er auch die Qualität hat, in dem Moment nicht egoistisch das Tor selber machen zu wollen, sondern uneigennützig nochmal quer zu legen“, freute sich Jonny Richter für den U19-Stürmer-
Wieder angepfiffen wurde die Partie nicht, der Rest war grenzenloser Jubel. „Wir waren bestens auf den Gegner vorbereitet und selbstbewusst genug, auf die eigenen Stärken zu schauen. Das haben wir gut gemacht. Wir haben von 1 bis 20 plus die sieben Jungs, die in zivil mitgefahren sind, top abgeliefert“, zeigte sich Richter stolz auf sein Team.
Sein gegenüber ging dagegen hart mit seiner Mannschaft ins Gericht. „Wir haben heute ein ganz schlechtes Spiel abgeliefert. Wenn man nach 34 Spielen da unten steht, hat man es irgendwo auch verdient.“
Für unsere Jungs geht es nun erst einmal in den Urlaub. Trainingsauftakt wird am 17. Juni sein. Nähere Informationen zur Vorbereitung folgen in den nächsten Tagen.
Liebe Flensburger, auch wenn wir meistens den Kürzeren gezogen haben, waren es immer geile, enge Spiele aus der Kategorie „hart, aber herzlich“ gegen Euch. Wir drücken Hannover alle vorhandenen Daumen, dass sie aufsteigen und ihr über den Umweg Relegation der Regionalliga erhalten bleibt!