Mit Tor des Jahres an die Tabellenspitze

Trainer Jannik Paulat tat sich schwer, nach dem Landesliga-Top-Spiel gegen den SC Nienstedten die richtigen Worte zu finden. "Was soll ich nach einem 4:0-Sieg gegen Nienstedten sagen?", fragte er auf der Suche nach den richtigen Worten zwischen unglaublichem Stolz und dem Bemühen, den Ball flach zu halten und weiter demütig zu bleiben. "Ich bin ja immer sehr demütig, aber das ist schon eine Wahnsinnsleistung wenn man bedenkt, dass wir vor zwei Jahren noch in der Kreisliga gespielt haben. Und trotzdem ist immer noch Luft nach oben, vorallendingen in der Cleverness. Das stimmt mich positiv", sieht Paulat die Entwicklung seines Teams noch lange nicht am Ende.

Dabei entsprach das Ergebnis keinesfalls der Leistung der Gäste, die sich nach einer guten Leistung mit dem Ergebnis deutlich unter Wert verkauft sahen, auch nach dem Treffer zum 3:0 ihr Spiel weiter konsequent durchzogen und immer gefährlich blieben. Das sah auch Paulat sah: "Auch wenn wir 4:0 gewonnen haben, fand ich Nienstedten echt stark, sie waren immer gefährlich, waren sehr präsent in den Zweikämpfen."

Dabei stand das Spiel für den SC Nienstedten von Beginn an unter keinem guten Stern: Die blauen Trikots lagen farblich zu nah beieinander, Ersatztrikots hatte man nicht dabei. "Nienstedten hat eine dreiviertel Stunde vor Anpfiff gefragt, ob wir andersfarbige Trikots haben und zur Verfügung stellen könnten", sagte Team-Manager Milenko Mutapdzija zum Trikot-Dilemma. Doch die Anfrage kam zu kurzfristig. "Hätten wir es früher gewusst, hätten wir gerne ausgeholfen, aber so kurzfristig hatten wir keinen Zugriff drauf." So musste Nienstedten zum Leidwesen unseres Tickerers mit grauen Leibchen spielen.

Davon ließen sich die Gäste nicht negativ beeinflußen und lieferten ein gutes Spiel ab. Man ließ unsere Mannschaft zwar über weite Strecken spielen, doch mit schnellem Umschaltspiel konnte man immer wieder gefährliche Nadelstiche setzen. Gut, dass unsere Innenverteidigung mit Armando Luso und Lars Kuchenbecker einen Sahnetag erwischt hatten und viele dieser Situationen bereinigen konnten. "Wir haben heute sehr gut verteidigt. Auch wenn wir mal einen Fehler gemacht haben - und das passiert bei einer jungen Truppe nunmal - haben wir das im letzten Moment wirklich gut verteidigt, hatten immer ein Bein dazwischen, eine Grätsche oder unser Torhüter Sönke Günther hat einige gute Dinger für uns rausgeholt."

In die Karten spielte uns derweil die frühe Führung, als Ayoub Akhber eine Flanke von Bojan Lukic mit der Hacke (!) im Gäste-Tor unterbrachte (13.). Unter normalen Umständen das Tor des Tages. Doch heute war nicht normal. Nach dem Führungstor wurde Nienstedten nach vorne zwingender, konnte aber die kurze Unsortiertheit nach einem Eckball nicht ausnutzen (27.), dann eilte der starke Torhüter Sönke Günther aus seinem Strafraum und klärte mit dem Fuß (35.). Sechzig Sekunden später verfehlte ein Fallrückzieher der Gäste nur knapp das Ziel (36.).

Nach dem Wiederanpfiff kam der SCN "mit einer ziemlichen Power raus" und zwang Sönke Günther nach nicht einmal einer gespielten Minute zu einer Glanztat (46.). Was dann passierte, wird den Anwesenden noch lange im Gedächtnis bleiben. "Das habe ich als aktiver Trainer so noch nicht erlebt. Ich habe schon einige schöne Tore gesehen, aber das war eine besondere Klasse, ich konnte selber gar nicht begreifen, was da gerade passiert ist", war Paulat voll der Bewunderung für seinen Kapitän Lars Kuchenbecker. Der nahm einen Ball noch in der eigenen Hälfte mit der Brust an, ließ ihn einmal aufkommen und schoß ihn dann direkt Richtung Tor - der Ball flog über Torhüter Max Wolf zum 2:0 ins Nienstedtener Netz (52.). Laute "Kuchenbecker, Kuchenbecker, hey, hey"-Rufe der begeisterten Zuschauer waren die Folge und wir fragen uns: ARD Sportschau oder doch ZDF Sportstudio? Interessierte Fernsehanstalten können sich gerne melden.

Nienstedten verfolgte seine Spielidee konsequent weiter und spielte gefährlich nach vorne. "Wir mussten immer da sein, immer präsent sein", war die Partie eine gute Schule für seine junge Truppe. Doch dann kam einmal mehr die "individuelle Klasse zum Vorschein." Nachdem Sönke Günther erneut bravourös einen Konter der Gäste parieren konnte (56.), legte Dominik Limprecht den Gang nach vorne ein, spielte den Ball von der Grundlinie zurück auf Noah Musse, der von Höhe des Elfmeter-Punktes zum 3:0 einnetzte (57.). "Solche Tore liebe ich einfach", gab es Komplimente vom Trainer. "Schnell und direkt kombiniert mit einem guten Abschluss ins Eck."

Den Schlußpunkt setzte Maurice Lüllemann, der mit all seiner Power im Vollsprint eine Vorarbeit von Bojan Lukic zum 4:0-Endstand einschweißte (79.). "Man merkt, dass unsere Jungs - egal wie es läuft - sehr zäh sind und immer bis zum Ende beißen und den Zug zum Tor habe", sagte Paulat abschließend.

Damit ist unsere U23 zumindest bis zum Sonntag Tabellenführer der Landesliga Hammonia. Dann kann Eintracht Lokstedt, die den SC Poppenbüttel zu Gast haben, in der Tabelle wieder an uns vorbei ziehen. Unsere Jungs haben nächste Woche spielfrei - zumindest in der Theorie, denn in der Praxis wird am Freitag gegen Vorwärts-Wacker Billstedt getestet. Dann geht es in der Liga weiter gegen den Oberliga-Absteiger HSV III am Ochsenzoll. "Darauf freuen wir uns sehr, wir sind heiß. Aber nach der Ausbeute der letzten Spiele kann man das ja auch nur sein."