Actionreiches Spektakel gegen HSV

Actionreiches Spektakel gegen HSV

Regionalliga 17.08.2022

... nur die drei Punkte fehlen.

"Na, um wie viele Jahre bist du heute gealtert?", fragte HSV-Trainer Pit Reimers vor Beginn der Pressekonferenz sein Gegenüber Olufemi Smith, der wiederum froh war, dass der HSV-Trainer mit seinem Statement begann und er noch zwei, drei Minuten Zeit hatte. Zu viel war in diesem Spiel passiert, was Reimers zur völlig gerechtfertigten Eröffnung "Was für ein Fußballspiel. Ich denke, keiner der Zuschauer hat heute sein Kommen bereut" brachte.

Es war die Partie der vielen kleinen Geschichten. Die erste lieferte Olufemi Smith bereits vor Spielbeginn - von vier Abwehrspielern wechselte er gegenüber dem Drochtersen-Spiel drei aus. Lediglich Yannik Nuxoll stand in der Startelf. Auf links begann Dane Kummerfeld für Rico Bork, in der Mitte Andre Wallenborn für Fabian Grau, rechts Tjark Hildebrandt für Juri Marxen. Zweifellos eine mutige Entscheidung, die sich aber voll auszahlte. Bis zur 51. Minute ließ die Abwehr gar nichts anbrennen.

In dem Moment setzte eine zweite Geschichte der Partie ein, denn hier kam der Schiedsrichter in die Partie, der zweifellos den schwierigsten Job an diesem Abend hatte. Und diese 51. Minute war symptomatisch dafür. Moses Otuali ging mit viel Tempo in den Strafraum, Andre Wallenborn brachte ihn zu Fall. Der Schiedsrichter zeigte sofort auf den Punkt und zückte die rote Karte für den bis dahin ganz starken Wallenborn. Während der Elfmeter zweifellos völlig berechtigt war, erhitzte der Platzverweis die Gemüter. Für die einen "eine glasklare rote Karte, da bleibt dem Schiedsrichter gar nichts anderes übrig", für die anderen "nach der aktuellen Regelauslegung zwingend gelb, aber niemals rot." Was war passiert? Beide Spieler zogen und zerrten aneinander, im Strafraum grätschte Wallenborn nach dem Ball, brachte dabei Otuali zu Fall. Laut aktueller Regelung ist es dann eine Notbremse und rot, wenn es nicht im Kampf um den Ball passiert - also zum Beispiel durch halten. Passiert es im Kampf um den Ball wie bei der Grätsche, ist es maximal gelb. Also alles eine Sache der Regelauslegung.

Eine weitere Geschichte ist der Teamgeist. Vor der Partie präsentierten die Spieler ein selbst gemaltes Banner mit der Aufschrift "Stay Strong Sid #25" - ein Gruß an Mitspieler Philipp Müller, genannt "Sid", der sich in der Partie gegen den TSV Havelse einen Kreuzbandriss zuzog.

Einen zweiten Gruß schickte Jan Lüneburg bereits nach zwei Minuten Spielzeit, womit wir bei der nächsten Geschichte des Spiels wären. Eine richtig, richtig gute erste Halbzeit - und eine furiose Auftaktviertelstunde, in der der Ball gleich vier (!) Mal im Netz des HSV lag. Elias Saad gewann in der eigenen Hälfte den Ball und trieb die Kugel nach vorne, wo Pelle Hoppe Dennis Duah aussteigen ließ und den Ball für Jan Lüneburg servierte. Der löste sich geschickt von Bryan Hein und drückte die Kugel aus kürzester Distanz mit der Fußspitze über die Linie. Der Rettungsversuch von Leo Oppermann kam zu spät, der Ball war deutlich hinter der Linie. Lüneburg zog ein Trikot von Philipp Müller hervor und zeigte es Richtung Tribüne - ein weiterer emotionaler Gruß an den beliebten Mitspieler.

Nach acht Minuten stand erneut Jan Lüneburg in der Mitte frei und köpfte eine Kummerfeld-Flanke in die Maschen. Wiederum nur fünf Minuten später war es Yannik Nuxoll, der einen Freistoß von Jonas Behounek einköpfte - in beiden Fällen ging die Fahne des Schiedsrichter-Assistenten hoch, die Tore wurden auf Grund von Abseitspositionen zurück gepfiffen.

Der vierte Treffer zählte dann aber: Tjark Hildebrandt schickte Kangmin Choi traumhaft auf die Reise, der seinen Gegenspieler abschüttelte und mit einem strammen Schuss in die kurze Ecke auf 2:0 erhöhte (14.).

Nein, der HSV hätte sich nicht beschweren dürfen, wenn es zur Pause 3:0 oder sogar 4:0 gestanden hätte. Denn während unsere Mannschaft durch Dylan Williams, der nach Zuspiel von Kummerfeld nur das Außennetz traf (21.) und Jan Lüneburg, der im letzten Moment von Dennis Duah am Kopfballtor gehindert wurde (31.), verzeichnete der HSV seinen ersten Torschuß in der Nachspielzeit des ersten Durchgangs. Zwei mal warf sich Andre Wallenborn mutig in den Ball und konnte so schlimmeres verhinden (45.+2).

"Wir haben die Anfangsphase komplett verschlafen, waren im ersten Durchgang viel zu passiv", kritisierte Reimers seine Elf. "Wir wussten, dass Norderstedt mit Dampf, Tempo und Aggressivität auftreten wird und haben da am Anfang überhaupt kein Rezept gegen gefunden. Folgerichtig lagen wir zur Halbzeit völlig verdient mit 0:2 zurück. Es hat bis etwa zu 41. Minute gedauert, bis wir zum ersten Mal Emotionalität gezeigt haben."

In der Situation kochten die Emotionen auf beiden Seiten hoch. Tjark Hildebrandt ging im Mittelfeld mit gestrecktem Bein in Richtung Jonah Fabisch, traf den Hamburger aber glücklicherweise nicht, sondern hob sofort entschuldigend die Arme. Obwohl Hildebrandt sofort weg ging, wurde er von Duah gecheckt, während Lüneburg seinem Mitspieler zur Seite stand und Duah zur Seite schubste. Dafür wurde Lüneburg wiederum von Otuali umgeschubst. Plötzlich wurde von allen Seiten diskutiert, es wurde geschubst und es wurden Karten verteilt - Hildebrandt wurde für das Foul verwarnt, Lüneburg und Otuali fürs Rudeln, lediglich Duah kam ungeschoren davon, obwohl er Auslöser des Rudels war.

So kam der Pausenpfiff zur richtigen Zeit, um die Gemüter herunter zu kühlen. Auf der Haupttribüne hatte man jedoch schon eine Vorahnung. "Wenn sie das 3:0 gemacht hätten, wäre die Partie durchgewesen. Der HSV wird sicherlich komplett anders aus der Halbzeit kommen und viel Druck machen, wenn die das schnelle Anschlusstor machen, wird das noch eine ganz enge Kiste."

Und so war es dann auch. Der HSV kam mit Schwung aus der Pause und erzielte nach dem Platzverweis für Wallenborn mit dem Elfmeter durch Moses Otuali den Anschlusstreffer (51.). Nun sollte es in Unterzahl eine ganz schwierige Partie für unsere Elf werden. Denn der HSV, der am Wochenende nach einem Platzverweis für den Gegner noch eine 2:0-Führung aus der Hand gab, hatte hieraus gelernt.

Was die nächste Geschichte mit sich bringt: Während wir in der ersten Hälfte spielerisch glänzen konnten, waren in der zweiten Halbzeit Tugenden wie Biß, Wille und Leidenschaft gefragt - und auch hier konnte man Pluspunkte sammeln und antwortete sofort: In ähnlicher Position wie 180 Sekunden vorher auf der anderen Seite brachte Dennis Duah im Strafraum Pelle Hoppe zu Fall, der den fälligen Elfmeter selbst verwandelte und den alten Abstand wieder her stellte.

Und wer weiß, wie das Spiel ausgegangen wäre, wenn in der 60. Minute nicht Foul gegen Hoppe gepfiffen worden wäre, als Seifert nicht an den Ball kam und unser Angreifer freie Fahrt aufs Tor gehabt hätte. Und so war es auf der anderen Seite Jonah Fabisch, der aus zentraler Position freie Schußbahn hatte und auf 2:3 verkürzen konnte (66.).

Nun war der HSV am Drücker und gab kaum Raum für Entlastung. Zunächst verfehlte Bryan Hein mit einer Flanke nur knapp den langen Pfosten (73.), dann war Torjäger Pingdwinde Beleme zur Stelle und köpfte eine Flanke Arlind Rexhepi zum Ausgleich ins Norderstedter Tor (77.). "In der zweiten Halbzeit sind wir so aufgetreten, wir wir uns das vorgestellt haben. Da hat man relativ schnell gesehen, welche Wucht auch wir entfalten können", freute sich Reimers über die Leistungssteigerung seiner Elf.

Das war es zwar mit Toren, doch zwei Aufreger hatte die Partie noch parat. Zunächst ging Pingdwinde Beleme im Mittelfeld mit hohem, gestrecktem Bein in Jonas Behounek rein und hatte sehr, sehr, sehr viel Glück, dass er für seinen Jumping High Kick nur gelb bekam, was die Zuschauer auf der Gegengeraden mit "Hoyzer, Hoyzer"-Rufen in Richtung des Unparteiischen quittierten (83.). Gelb bekam dann auch Olufemi Smith, der die Schiedsrichter-Entscheidung lautstarke in Frage stellte.

In der Nachspielzeit sah Rico Bork wegen rohen Foulspiels gegen Timon Burmeister die rote Karte (90.+5). Während die Aktion von unserer Position aus zunächst gar nicht so wild aussah, relativierte sich das schnell: Es war kein böswilliges Foul, allerdings hat Bork seinen Gegenspieler wohl sehr ungünstig am Wadenbein erwischt. Burmeister wurde auch nach Schlußpfiff noch behandelt und musste schließlich ins Krankenhaus. Uns bleibt nur, ihm gute Besserung und eine schnelle Genesung zu wünschen.

Während nach der ersten Halbzeit ein Unentschieden viel zu wenig ist, müssen wir nach über 40 Minuten in Unterzahl mit dem Punkt froh sein. Allerdings boten sich viele positive Ansätze, was Olufemi Smith in seinem Abschlussstatement auch so widerspiegelte. "Ich bin unfassbar stolz auf die Jungs. Wir wollten nach dem Spiel in Drochtersen eine Reaktion zeigen. Das haben die Jungs bravourös gemacht. Wir haben eine sehr, sehr starke erste Halbzeit gespielt, wo wir klar die überlegene Mannschaft waren. Das war der Fußball, den wir uns vorstellen, den wir spielen wollen. In der zweiten Halbzeit ist es in Unterzahl gegen so eine spielstarke Mannschaft natürlich schwer, Torchancen zu verhindern. Die Jungs haben bravourös gefightet und sich hinten in alles reingeschmissen. Am Ende müssen wir mit dem Punkt zufrieden sein, auch wenn meine Mannschaft heute sicherlich mehr verdient hätte auf Grund dessen, was sie in der ersten Halbzeit auf den Platz gebracht hat. In der ersten Halbzeit spielerisch, in der zweiten Halbzeit vorallendingen auch kämpferisch."

Für uns geht es am Sonntag weiter mit dem Auswärtsspiel in Emden - und dann hoffentlich den ersten drei Punkten der Saison.

 

Fotos: Joe Noveski

 

FC Eintracht Norderstedt

3 : 3

Hamburger SV 2

Dienstag, 16. August 2022 · 18:30 Uhr

Regionalliga Nord · 04. Spieltag

Schiedsrichter: Florian Pötter Assistenten: Florian Schwarze, Gerhard Alexander Ludolph Zuschauer: 875

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