Julia Karsten-Plambeck (Oktober 2017)

Für unser Interview des Monats Oktober hat unsere Vize-Präsidentin Julia Karsten-Plambeck uns Rede und Antwort gestanden. Erfahrt mehr zur Fußball-Historie der Familie Plambeck, warum Eintracht Norderstedt keine Millionarios sind, was sie an Eintracht Norderstedt fasziniert, warum es bei Eintracht Norderstedt keinen Frauen-Fußball gibt und wie Eintracht Norderstedt zum dauerpräsenten Thema „Meister müssen aufsteigen“ steht.

EN: „Hallo Julia, vielen Dank, dass du dir die Zeit für uns nimmst. Kannst du uns verraten, wer Julia Karsten-Plambeck ist?“

JKP: „Klar. Ich bin 36 Jahre jung, seit zehn Jahren verheiratet und habe einen kleinen Sohn.“

EN: „Zudem bist du selbständig und Vize-Präsidentin von Eintracht… was machst du, wenn du mal ausspannen willst?“

JKP: „Ich reise unheimlich gerne. Nicht unbedingt als klassischer Touri, ich möchte auch gerne Land und Leute kennen lernen. Das finde ich total spannend und es erdet mich. Und ich sehe gerne fern, auch wenn das jetzt ziemlich spießig klingt. Momentan entdecke ich für mich, dass ich sehr gerne am PC zocke. Gerade letztes Wochenende habe ich mit einer Freundin ‚Resident Evil 5‘ gespielt, das ist fantastisch.“ (lacht) „Aber auch auf der Playstation gerne mal FIFA oder einen Ego Shooter. Und mal mit Freunden nett essen gehen oder an der See einen Kaffee trinken, einfach den Moment genießen.“

EN: „Du bist Fan von Borussia Dortmund in einem Präsidium, das ansonsten nur aus Bayern München-Fans besteht…“

JKP: „Ich darf sie nicht als Fans bezeichnen, sie sind nur Sympathisanten… aber wenn Bayern verloren hat, bekommen sie von mir haufenweise WhatsApps mit jedem Bayern-Witz, den ich nur finde… wenn Bayern gewonnen hat, ziehe ich mich zurück. Wir flachsen viel darüber. Die brauchen mir auch nicht mit sachlichen Argumenten kommen von wegen da wird gut gewirtschaftet und so. Ich habe genug Gegenargumente – die allerdings vielleicht nicht immer so sachlich sind.“

EN: „Hast du selbst eine Verbindung zum Fußball?“

JKP: „Ich bin in einer Fußball-Familie aufgewachsen, schon meine Großeltern waren Fußball-verrückt. Norderstedt, HSV, egal – Hauptsache Fußball. Mein Großvater Edmund Plambeck war von 1955 bis 1991 Vereinsvorsitzender von Eintracht Garstedt bzw. später dem 1.SC Norderstedt und später auch Ehren-Präsident des 1.SC Norderstedt. 1991 übernahm mein Vater Horst Plambeck den Vereins-Vorsitz und wurde, nachdem die Fußball-Abteilung des SCN in Eintracht Norderstedt aufgegangen ist, auch dort Gründungs- und Präsidiumsmitglied. Von daher bin ich da erblich vorbelastet und konnte gar nicht anders, das hat mich angesteckt. Ich war von frühester Kindheit an immer hier und habe Spiele geschaut.“

EN: „Und seitdem immer dabei gewesen?“

JKP: „Es gab auch mal eine Zeit, in der ich Fußball total scheiße fand, das war in meiner heftigsten Pubertätsphase. Vor zwei, drei Jahren war ich dann mal wieder hier im Stadion und ich hatte plötzlich nasse Hände, mein Kreislauf hat rebelliert. In dem Moment habe ich gefühlt, dass hier meine Wurzeln sind, dass das hier meine Großeltern sind, meine Eltern… seit diesem Moment bin ich voll dabei.“

EN: „Du bist jetzt die dritte Plambeck-Generation, die sich für Eintracht Norderstedt bzw. die Vorgänger-Vereine engagiert. Woher kommt dieses Interesse in Eurer Familie?“

JKP: „Bei Sportvereinen geht es ja auch darum, Jugendliche von der Straße zu holen. Unabhängig davon, ob es Tanzen, Volleyball oder Fußball ist – man macht es für die Stadt, für die Bürger. Das muss man vorallendingen auf der sozialen Ebene sehen und die wurde bei unserer gesamten Familie schon immer großgeschrieben.“

EN: „Hast du mal selbst gespielt?“

JKP: „Leider nein. Ich hätte gerne. Aber als ich im richtigen Alter war, gab es hier keine Frauen-Mannschaft. Ich hätte noch ein oder anderthalb Jahre mit den Jungs in einer Mannschaft spielen könne, aber anfangen und dann gleich wieder aufhören wollte ich auch nicht. Ich habe mich stattdessen dann für Handball entschieden. Ich habe der Trainerin aber gleich gesagt, dass ich ins Tor gehe. Meine Trainerin fragte ‚warum?‘ und ich habe ihr gesagt ‚weil ich zu faul zum Laufen bin.‘ (lacht) So eine Antwort hatte sie auch noch nicht gehört. Also sagte sie ‚okay, wie probieren das eine Woche lang aus. Und wenn du dich nicht gut anstellst, spielst du ab nächster Woche Linksaußen, dann musst du richtig rennen.‘ Glücklicherweise habe ich relativ gut gehalten und durfte dann weiter Torwart spielen“. (lacht)

EN: „Wie sieht es denn aus mit Frauen-Fußball bei Eintracht Norderstedt? Ist da was in Planung?“

JKP: „Würden wir sehr gerne anbieten, allerdings haben wir die Kapazitäten dafür nicht. Wir haben nur drei Trainingsplätze, die von 16.00 Uhr bis 21.30 Uhr durchgehend belegt sind. Wir sind am Limit und haben keine Möglichkeit, weitere Mannschaften anzubieten. Hätten wir mehr Trainingsmöglichkeiten zur Verfügung, würden wir Fußball gerne nicht nur als Leistungssport, sondern auch als Breitensport anbieten und dann sehr gerne auch Frauen-Fußball.“

EN: „Man merkt auf jeden Fall deutlich, dass dich der „Eintracht-Bazillus“ befallen hat. Was ist denn für dich das Besondere an diesem Verein?“

JKP: „Das besondere ist die freundliche, familiäre Art hier im Verein. Wir sind wie eine Familie. Das ist blöd gesagt, das ist leicht gesagt und ich mag den Spruch selber nicht, aber es ist wirklich so. Mein Lieblingsbeispiel: wir haben vor etwa drei Jahren im Stadtpark ein großes Mitarbeiterfest der Firma Plambeck veranstaltet. Und ein Gedanke war, dass wir ein Fußballspiel machen, Mitarbeiter gegen Eintracht Norderstedt. Mein Vater hat nur zu Reenald Koch gesagt, er soll nicht nur die Reservespieler schicken, sondern alle, die Bock haben. Und dann kamen eben Deran Toksöz, Philipp Koch…“

EN: „… und wo hat Dane Kummerfeld gespielt?“ (Anm.: arbeitet für die Firma Plambeck)

JKP: „Dane haben wir eingenordet, dass er für unsere Firma spielt, damit wir überhaupt eine Chance haben.“ (lacht) „Es waren wirklich alle Spieler, die konnten, da. Ich kannte die Jungs damals noch nicht und habe sie dort zum ersten Mal kennen gelernt. Die hatten alle so Bock darauf uns, meinem Vater, diesen Gefallen zu tun, die sind gefühlt den ganzen Tag geblieben, haben sich unter die Leute gemischt. Da hat man gemerkt, dass sie sich auch untereinander sehr gut verstehen, das ist eine ganz tolle Atmosphäre und das, was ich hier so schätze.“

EN: „Also Friede, Freude, Eierkuchen?“

JKP: „Ich habe mir schon angeguckt, wir hier gearbeitet wird, ob man respektvoll miteinander umgeht. Das heißt nicht, dass man nicht auch mal Meinungsverschiedenheiten haben kann. Aber man muss halt auf Augenhöhe und mit Respekt miteinander umgehen. Und das Gefühl hatte ich hier vom ersten Moment an. Egal ob es die Mannschaft ist, Corinna von der Geschäftsstelle oder wer auch immer. Es war überall ein Miteinander, wo es nicht um Egos sondern nur um den Verein geht. Das empfand ich schon als sehr speziell.“

EN: „Und wie kommt man dann auf die Idee, gleich einzusteigen?“

JKP: „Punkt 1, ich finde es super, in so einem Männer-dominierten Bereich zu arbeiten. Punkt 2 habe ich immer Lust gehabt, was im Bereich Fußball zu machen.“

EN: „Und wie ist es dazu gekommen, dass du gleich in die Führungsebene eingestiegen bist?“

JKP: „Ich habe mehrfach mit meinem Vater allgemein und wertfrei über das Thema gesprochen, ihn ein wenig ausgefragt wie das alles so läuft. Irgendwann meinte er halb scherzhaft „du kannst dich ja im Fußball engagieren“. Nachdem ich dann das vorhin beschriebene Gefühl im Edmund-Plambeck-Stadion hatte war für mich klar, dass hier meine Wurzeln sind und wenn ich mich im Fußball engagiere, dann nur hier. Nachdem sich mein Vorgänger Thomas Hochmuth nicht mehr zur Wahl gestellt hat, haben sie mich gefragt ob ich mir das vorstellen könnte und dann hat sich das relativ schnell ergeben.“

EN: „Wo liegen als Vize-Präsidentin deine Aufgaben?“

JKP: „Ich bin beispielweise mit Eddy Münch für das Sponsoring verantwortlich und versuche allgemein, den Verein weiterzuentwickeln. Das heißt nicht, dass vorher alles schlecht war, aber die Zeiten ändern sich und dem müssen wir uns natürlich auch anpassen. Wobei wir keine Entscheidungen alleine treffen, wir sind absolute Teamplayer und besprechen alles im Präsidium. Ich muss auch noch viel lernen, so etwas wie Verbandsarbeit kannte ich zum Beispiel vorher gar nicht, das ist natürlich megaspannend. Aktuell liegt der Fokus aber darauf, mehr Zuschauer ins Stadion zu bringen, das Image so anzupassen, dass es dem Verein gerecht wird und den Schulterschluß zwischen Spielern, Fans und Verantwortlichen zu meistern.“

EN: „Du bist jetzt ein Jahr dabei. Wie hast du dieses eine Jahr als Frau in einer Männerwelt erlebt?“

JKP: „Es gibt viele Leute, die das gut finden, aber es gibt natürlich auch welche, die meinen, ich hätte einen Frauenbonus. Ich möchte aber einzig und allein nach meiner Arbeit bewertet werden. Ich halte auch nichts von der Frauenquote. Der oder die bestmögliche soll den Job machen, unabhängig vom Geschlecht. Wenn die Leute nach drei Jahren der Meinung sind, dass ich das nicht gut mache oder es jemanden gibt, der das besser macht, dann habe ich kein Problem, zu sagen „Sorry, ich kann den Verein nicht weiterbringen.“ Aber klar kann eine Frau im Präsidium auch Interesse schüren, da kam sicher der ein oder andere Interview-Wunsch, der sonst nicht gekommen wäre. Da wären wir ja blöd, wenn wir diesen Vorteil nicht nutzen würden.“

EN: „Wie bist du von den anderen angenommen worden?“

JKP: „Ich denke, dass mir alle eine Chance geben, aber die würden sie auch Herrn Meier oder Müller geben. Ich habe aber in meinem Job gelernt mich durchzusetzen, von daher habe ich da keine Schwierigkeiten. Auch wenn ich manchmal zuerst spreche und dann denke, das ist nicht immer gut…“

EN: „Wenn du das Revue passieren lässt und Bestandsaufnahme machst, was hast du in diesem einen Jahr erreicht?“

JKP: „Nach einem Jahr kann ich auf jeden Fall sagen, dass mir das alles sehr viel Spaß macht. Wir sind eine Partnerschaft mit Elbkick.TV eingegangen, die uns medial sehr gut vertreten und eine sehr hohe Reichweite haben. Wir haben jetzt erreicht, dass wir bei sieben Rewe-Märkten in und um Norderstedt Plakate aufhängen dürfen, was gar nicht so einfach ist, da der Rewe-Konzern aus Köln gesteuert wird. Der Schulterschluss mit den Fans ist auf jeden Fall eine tolle und wichtige Sache. Ich glaube, dass die Fans sagen können, dass sie jederzeit mit ihren Fragen/Wünschen/Problemen zu Reenald oder mir kommen können. Das heißt nicht, dass wir ihnen alles erfüllen können, aber wir sind wirklich bemüht, da auf Augenhöhe zu sprechen und uns auch mit kritischen Fragen auseinander zu setzen. In diesen Gesprächen kommen auch viele gute Ideen bei rum wie der Stammtisch, wo mal Spieler oder Verantwortliche kommen. Und in den Internetmedien machen wir natürlich auch einiges. Das Interview des Monats zum Beispiel, wo wir einfach mal die Personen hinter den Aktiven/Verantwortlichen näherbringen wollen, die Facebook-Seite entwickeln wir weiter… und sportlich lief es ja auch nicht so schlecht, auch wenn ich da selbst nicht auf dem Platz gestanden habe.“

EN: „Du hast noch minimum drei Jahre vor dir… was steht da bei dir auf der Agenda, was sind deine kurz- und mittelfristigen Ziele?“

JKP: „Ich bin generell ein Freund davon, Sachen Schritt für Schritt zu planen anstatt in blindem Aktionismus Harakiri-Aktionen zu machen. Von daher ist es schon gut, dass man auf vier Jahre gewählt wird und nicht nur für ein Jahr. Gerade in einem Verein, wo alle ehrenamtlich arbeiten. Natürlich liegt noch viel vor mir. Ich bin damals angetreten mit dem Ziel, den Zuschauerschnitt zu erhöhen. Auch wenn es eine Mammutaufgabe ist, will ich mich der natürlich stellen. Ich denke, wir sind da auf einem guten Weg. Wir werden Ende des Jahres/Anfang nächsten Jahres eine Partnerkarte für unsere Sponsoren rausbringen. Mit dieser Partnerkarte können deren Mitarbeiter Spiele von Eintracht Norderstedt zu einem rabattierten Preis sehen. Damit wollen wir uns bei allen unseren Sponsoren, Partnern und deren Mitarbeitern bedanken, denn ohne unsere Sponsoren hätten wir es richtig schwer. Sie sollen sehen, dass sie nicht nur Geld zahlen und dafür eine Werbebande bekommen, sondern wir auch großes Interesse an einer partnerschaftlichen Zusammenarbeit haben. Gleichermaßen erhoffen wir uns dadurch natürlich, den einen oder anderen zusätzlichen Zuschauer ins Edmund-Plambeck-Stadion ziehen zu können.“

EN: „Was hast du noch auf der Agenda?“

JKP: „Wir haben noch viele Projekte in der Pipeline. Wir wollen mit den Norderstedter Schulen zusammenarbeiten, ob man da was machen kann wie „Kicken mit Kids“ oder im Rahmen einer Fußball-AG zum Beispiel. Da sind noch so viele Sachen in meinem Kopf und runtergeschrieben. Wir beide tauschen uns ja auch regelmäßig aus und da kommen auch immer sehr viele Ideen bei rum. Und das Beste pressen wir dann zusammen, aber ohne es zu überstürzen. Alles andere tut einer Firma und gerade einem Verein nicht gut.“

EN: „Besonders wenn die Leute dahinter alles ehrenamtlich machen.“

JKP: „Das kommt noch dazu, ja. Es ist ja auch alles ein Entwicklungsprozess und viele Ideen kommen ja erst, wenn man schon dabei ist. Ich fand beispielsweise unsere Facebook-Seite schon richtig gut, als ich hier angefangen habe. Jetzt finde ich sie sensationell und das ist ja auch erst nach und nach entstanden, weil da immer wieder Ideen und Einflüsse mit reinkommen. Wir haben halt keine Agentur, denen wir 30.000 Euro zahlen, damit sie das für uns machen. Lieber Schritt für Schritt und dann auch mal aus Fehlern lernen und nächstes mal eben nichts rechts herum, sondern links herum gehen. Wir haben uns zum Beispiel letztens mit unserem Keeper Lars Huxsohl zusammengesetzt, der aus seiner Zeit beim SV Meppen viele Ideen mitgebracht hat. Und das höre ich mir supergerne an und versuche, das für Eintracht Norderstedt anzupassen.“

EN: „Das heißt, du saugst wie so ein großer Eintracht-Schwamm alle möglichen Ideen auf und guckst dann, ob und wie die für Eintracht Sinn machen?“

JKP: „Ja, genau. Ich sauge auch in meinem Berufsleben aus allen möglichen Branchen Ideen auf, zum Beispiel aus der Lebensmittelindustrie und der Automobilindustrie… wobei letzteres momentan eher nicht.“ (lacht) „Aber einfach zu gucken was macht Firma X oder Y und was könnte davon in abgewandelter Form zu uns passen. Und genauso gucke ich mir auch andere Vereine oder andere Stadien an.“

EN: „Mittlerweile ist es immer häufiger so, dass ein einzelner „Gönner“ Vereine mehr oder weniger komplett subventioniert. Nicht nur im Profi-Bereich, sondern auch im Amateur-Bereich, wo dann wohl und wehe von einer Person abhängt. Und wenn die weg ist, bricht der Verein zusammen wie beim VfL 93, SV Lurup oder SC Poppenbüttel in den letzten Jahren. Was unterscheidet das Engagement der Familie Plambeck für EN von dem Engagement anderer Leute für andere Vereine?“

JKP: „Wie es bei den genannten Vereinen war, kann ich nicht beurteilen, von daher kann ich nur für uns sprechen. Das Ziel von Eintracht Norderstedt ist ganz klar, dass man niemals von einzelnen Personen oder Sponsoren abhängig ist. Natürlich wäre es bitter und man müsste ziemlich schlucken, wenn eine Firma Plambeck für Eintracht Norderstedt wegbricht. Aber genau so bitter wäre es, wenn Auto Wichert wegbrechen würde, die ja ebenfalls ein großer Sponsor sind. Und genau so ist der Verein natürlich in gewisser Weise auch von Reenald Koch abhängig, der der bestmögliche Präsident für uns ist. Wenn der morgen wegfällt, gucken wir alle blöd aus der Wäsche. Das ist wie bei uns im Geschäft: wenn ein großer Kunde wegfällt, müssen wir uns auch erstmal schütteln und zusehen, wie wir das kompensieren. Es ist auf jeden Fall mein Bestreben, dass der Verein nachhaltig so aufgestellt ist, dass er niemals von einzelnen Personen abhängig ist. Natürlich ist es ein harter Schlag, wenn morgen Reenald oder mein Vater wegfällt. Aber letztlich ist ja so: Jeder Mensch ist ersetzbar. Bei dem einen dauert es länger bis man ihn ersetzen kann, bei dem anderen geht es schneller.“

EN: „Nochmal konkret nachgefragt: Die Firma Plambeck ist ein großer Sponsor bei der Eintracht, aber es ist nicht so, dass man wie bei anderen Vereinen sagt „Spieler X hätten wir gerne“ und Familie Plambeck macht dann das Portemonnaie auf?“

JKP: „Nein.“ (energisch) „Das definitiv nicht. Das Engagement der Familie Plambeck geschieht ja nicht nur auf finanzieller Ebene. Mein Vater investiert – wie auch Reenald – viel Zeit und persönlichen Einsatz, der uns sicherlich auch den einen oder anderen Sponsor gebracht hat. Und natürlich hat mein Vater auch ein sehr großes Herz und wenn in der Jugendkasse mal was fehlt, da muss ich keinen Hehl draus machen, dann dauert es keine fünf Minuten und die Mannschaft ist wieder top ausgerüstet. Aber es ist nicht so, dass wir sagen ‚den Spieler hätten wir gerne‘ und dann macht Papi die Tasche auf, nix da. Das ist zum einen nicht nachhaltig, zum anderen macht man sich abhängig. Wir haben allerdings auch kein Interesse, einen ehemaligen Star zu verpflichten, wie es einige andere Vereine tun. Das ist nicht unsere Philosophie, unser Anspruch. Wir setzen auf die Jugend.“

EN: „Was war dein bisheriges Highlight in Sachen Eintracht Norderstedt?“

JKP: „Mein persönliches Highlight war es, mit den Jungs den Oddset-Pokal-Sieg zu feiern. Ich hatte ihnen vorher angedroht, dass ich in die Kabine komme, wenn sie gewinnen – das hatte ich bis dahin nie gemacht.“ (lacht) „1. Runde DFB-Pokal gegen den VfL Wolfsburg war natürlich auch ein Mega-Highlight.“

EN: „Gibt es auch „Negativ-Highlights“?“

JKP (überlegt lange): „Natürlich gibt es immer mal Sachen die nicht so laufen, wie man es vielleicht gerne gehabt hätte, aber eigentlich nicht, nein. Was ich persönlich sehr schade fand: dass sich Deran Toksöz in der Schlussphase der vergangenen Saison schwer verletzt hat und dadurch das Oddset-Pokal-Finale gegen HR verpasst hat. Sowas tut mir für die Jungs extrem leid, wenn sie die Saison über hart für ein Ziel arbeiten und dann die Belohnung für die ganze Arbeit verpassen. Wobei das natürlich für alle Spieler gilt, nicht nur für Deran. Genau so leid tat mir Jerry Karikari, der sich im Pokalfinale ganz böse verletzt hat. Er hat uns ja nach der Saison verlassen, es war sein letztes Spiel für Eintracht und dann verletzt ausgewechselt zu werden und ins Krankenhaus zu müssen, so einen Abschied gönnt man niemanden. Ich fand es umso schöner, dass er dann abends noch mit eingegipstem Arm direkt aus dem Krankenhaus zur Feier gekommen ist.“

EN: „Seit kurzem gibt es auch im Edmund-Plambeck-Stadion die 360° Sporttotal-Kameras, die Amateur-Spiele live als Internet-Stream übertragen. Das machen bundesweit mittlerweile sehr viele Vereine. Was versprechen sich die Vereine davon, welchen Mehrwert hat das?“

JKP: „Genau, seit dem Spiel gegen den BSV Rehden werden auch unsere Spiele live über Sporttotal übertragen. Die ganze Welt ist mittlerweile digitalisiert und die Menschen erwartet, dass er – egal ob er in Norderstedt im Wohnzimmer sitzt oder in Thailand im Urlaub ist – Fussball gucken kann. Dann habe ich zwei Möglichkeiten: Entweder ich sage ‚habe ich keinen Bock drauf‘ und verpasst dann vielleicht etwas. Oder man springt auf den Zug mit auf. Es tut ja nicht weh. Ich bin der Meinung, dass uns diese Live-Übertragung keine Zuschauer wegnimmt. Im Gegenteil: es gibt allen die Möglichkeit, mit Eintracht mit zu fiebern, selbst wenn sie aus Berufs- oder Urlaubsgründen nicht im Stadion sein können. Für unsere Fans also ein echter Mehrwert. Zudem motiviert es vielleicht den einen oder anderen, der Interesse an Eintracht hat, es bislang aber nicht ins Stadion geschafft hat, doch mal ins Stadion zu kommen. Für unsere Sponsoren ist es natürlich auch interessant, wenn deren Bande eben nicht nur von den Zuschauern im Stadion gesehen wird, sondern über den Live-Stream weitere Medienkontakte hinzukommen. Medienkontakte werden heutzutage immer wichtiger und sind in Verhandlungen auch ein Verkaufsargument.“

EN: „Rentiert sich das für den Verein? Diese Technik dürfte ja nicht ganz günstig sein.“

JKP: „Du siehst ja, dass es teilweise auch in kleineren Ligen eingesetzt wird, die teilweise deutlich geringere Budgets haben. Es ist relativ kleines Geld. Und man kann nach einer Saison problemlos sagen: ‚mach ich nicht mehr‘, und dann lässt du es eben.“

EN: „Als einen der Gründe, warum der Zuschauerschnitt im Verhältnis zu den sportlichen Leistungen relativ niedrig ist, hast du einmal gesagt, es gäbe ‚einen gewissen Neid auf uns. Es heißt, wir seien Millionarios oder ein Plambeck-Verein.‘ Wie kann man diesen Neid, diese Vorurteile bekämpfen? Kann man das überhaupt?“

JKP: „Ich denke, es ist eine Mischung. Du hast zum einen die Leute, die niemand vom Gegenteil überzeugen kann, die sich auch nicht überzeugen lassen wollen. Das ist okay, wir haben ja glücklicherweise Meinungsfreiheit. Dann gibt es sicherlich Leute, die man mit sportlichen Leistungen überzeugen kann, wenn die Jungs oben mitspielen, wenn die Leute sehen dass die Jungs einen attraktiven Ball spielen und es Spaß macht, ihnen zuzusehen. Und den anderen, die uns als Millionarios bezeichnen oder etwas Neiden, möchte ich einfach nur sagen: Kommt vorbei, guckt Euch mal ein Spiel von uns an, sprecht mit den Verantwortlichen, den Spielern, diskutiert mit den Fans, die uns über einen längeren Zeitraum begleiten und ihr werdet sehen, dass das nicht so ist. Das Geld, das wir als Verein einnehmen, wird bei uns in die Jugend gesteckt. Nicht ohne Grund kommen jedes Jahr statt Heiko Westermann zwei, drei Spieler aus der eigenen Jugend. Wir zahlen keine überhöhten Gehälter, können es uns nicht leisten, die Spieler als Profis anzustellen, wir haben hier ganz viel mit Ehrenamt zu tun. Das ist hier ganz normal, wie bei jedem anderen Verein auch.

EN: „Trotzdem hat man das Gefühl, dass bei der kleinsten falschen Bewegung bei vielen gleich wieder der Gedanke ‚typisch die arroganten Norderstedter‘ rauskommt.“

JKP: „Wir achten sehr darauf, dass wir auf dem Boden bleiben und sich dieses Vorurteil nicht bestätigt. Und trotzdem ist es natürlich so, dass wir uns nicht alles gefallen lassen, dass wir auch mal mit dem Verband diskutieren, wenn uns etwas nicht passt. Aber auch das ist, denke ich, ganz normal und würde jeder andere Verein auch so machen. Genauso wie ich mich als Mutter für mein Kind in eine Schlägerei reinwerfen würde um es zu beschützen, ist auch der Verein unser Baby, dass wir verteidigen und beschützen. Auch wenn Neid auf der einen Seite die höchste Form der Anerkennung ist: es ist halt sehr schade, dass so ein Ruf da ist. Ich würde es gut finden, wenn sich die Leute einfach mal hier vor Ort selbst überzeugen. Und wenn sie hier dann Millionarios sehen: gerne melden, ich würde denen dann gerne fünf Werbebanden verkaufen…“

EN: „Momentan ist die Initiative „Meister müssen aufsteigen“ sehr präsent, die sich für eine faire Aufstiegsregelung in Liga 3 einsetzen will. Die Plattform „11 Freunde“ hat nun eine Petition gestartet für eine Variante, die die fünf Regionalligen auf drei reduzieren würde, damit der Meister jeder Regionalliga aufsteigen kann. Laut diesem Vorschlag würden RL Nord und RL Nordost zusammengelegt. Was würde so eine Lösung für einen „kleineren Verein“ wie Eintracht bedeuten?“

JKP: „Eine solche Regio-Reform ist aus unserer Sicht nicht durchführbar. Die Kosten für die Regionalligisten würden sich alleine durch Reisekosten deutlich erhöhen, die Spieler werden teurer, es müsste mehr in Sicherheit investiert werden. Das würde nur gehen, wenn der DFB die Vereine mit einem mittleren fünfstelligen Betrag unterstützt.“

EN: „Gibt es denn sinnvolle Alternativen, wie man eine faire Aufstiegsregelung schaffen kann die nicht auf Kosten der kleineren Vereine geht?“

JKP: „Ein Gegenvorschlag liegt auf dem Tisch. Hier würde man die 3. Liga in eine Nord- und eine Südstaffel mit je 16 Mannschaften aufteilen. Unter den beiden Ligen gäbe es dann drei Regionalligen, deren jeweiliger Meister direkt aufsteigt. Jetzt liegt der Ball beim DFB.“

EN: „Kommen wir zu unseren Abschlussfragen… Wenn du für Eintracht Norderstedt einen deutschen Spieler deiner Wahl holen könntest… wer wäre das?“

JKP: „Emre Can.“

EN: „Emre Can? Wenn ich diese Frage stelle höre ich Toni Kroos, Ilkay Gündogan war auch schon dabei, jetzt Emre Can… alles Spieler aus dem defensiven Mittelfeld. Will keiner mehr Deran Toksöz sehen?“

JKP: „Ich habe lange überlegt ob ich ‚Timo Werner‘ sage, aber da ist mir der Hype momentan zu groß, das wäre zu einfach.“

EN: „Naja… In Fußballer-Kreise auf jeden Fall, aber in Fankreisen ist Timo Werner ja momentan so eine Art Feindbild…“

JKP: „Das verstehe ich bis heute nicht, aber gut… weil ich Vize-Präsidentin bin, darf ich mir zwei Spieler aussuchen. Zum einen wäre das dann Emre Can. Den verfolge ich schon seit langer Zeit und fand ihn schon zu Leverkusen-Zeiten extrem gut. Er ist flexibel einsetzbar, er ist extrem zweikampfstark, ein echter Bulle der bis zum Umfallen kämpft und auch technisch mit dem Ball umgehen kann. Aus meiner Sicht einer der unterschätztesten deutschen Spieler, der natürlich auch immer richtig starke Konkurrenz hatte mit Leuten wie Khedira, Schweinsteiger oder eben Kroos.

EN: „Und warum Timo Werner?“

JKP: „Man hat schon in der Saison, bevor er vom VfB Stuttgart nach Leipzig gewechselt ist, gesehen, dass das einer ist, von dem man in den nächsten Jahren viel hören wird. Er ist blitzschnell und extrem torgefährlich, das ist eine richtige Waffe. Chapeau an Leipzig, dass sie das Talent von Timo Werner frühzeitig erkannt und gefördert und ihn nochmal weiterentwickelt haben. Und ich muss ganz ehrlich sagen: Ich verstehe diesen extremen Negativ-Hype nicht. Ja, er hat eine Schwalbe gemacht, aber da war er nicht der erste und auch nicht der letzte. Dass man so einen Spieler dann an dem Spieltag auspfeift, ja, klar. Geschenkt. Aber dann muss halt auch mal Schluss sein. Also: Emre Can und Timo Werner.“

EN: „Wenn dich einer fragt: „Warum soll ich zu Eintracht Norderstedt (als Zuschauer) kommen, wenn ich auch HSV/St. Pauli haben kann…“ was sagst du ihm?“

JKP: „Weil hier guter Amateur-Fussball in einem tollen Amateur-Stadion gespielt wird und hier eine tolle Atmosphäre herrscht. Wir sind kein kleiner Dorfverein, auch hier wird gute Arbeit geleistet. Hier zählt jeder Zuschauer, man wird wahrgenommen und ist nicht nur einer von zigtausend, von daher kann man auch gerne mal hierherkommen und uns eine Chance geben.“

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